„Der Gesundheitsfonds wird den Wettbewerb verschärfen und zu einer Verdrängung führen“, sagt Jürgen Hahn, Vorstandsvorsitzender der BKK Essanelle. Er hat die Kasse innerhalb von nur sieben Jahren zu einer der größten Betriebskrankenkassen Deutschlands gemacht und prognostiziert: „Nur Kassen mit klarer Positionierung und effizienten Strukturen werden bestehen bleiben.“ Mit mittlerweile acht Fusionen hat Hahn die BKK Essanelle gezielt vergrößert. „Wachstum ist natürlich ein wichtiger Faktor für den Erfolg“, sagt der Kassenmanager. Eine kleine Kasse hat heute eindeutig zu wenig Gestaltungsmöglichkeiten bei Verträgen und Kooperationen. Aber Wachstum um jeden Preis – das haben wir immer abgelehnt.“
Eine Krankenkasse müsse qualitativ wachsen, gekoppelt an eine moderne und innovative Infrastruktur. „Wenn die Fusionen nicht von einer effektiven und flexiblen Struktur aufgenommen werden können, schaden sie mehr als dass sie nutzen.“ Denn bei allen wirtschaftlichen Argumenten müsse immer noch das Wohl der Versicherten im Zentrum des Handelns stehen, sagt Hahn. Und weiter: „Weil Gesundheit ein sehr individuelles
und sensibles Gut ist, ist auch eine Krankenversicherung ein sensibles Produkt.“ Mit dem Gesundheitsfonds dreht sich das Fusionskarussell aber immer schneller. Zudem sind nun durch das neue Wettbewerbsstärkungsgesetz der Gesundheitsreform auch Zwangsfusionen möglich. Krankenkassen verlieren dadurch wichtige Gestaltungsmöglichkeiten und einen Teil ihrer Eigenständigkeit, den sie sonst zugunsten ihrer Versicherten einsetzen konnten. Gerade die historisch gewachsenen und unternehmerisch verankerten Betriebskrankenkassen plädieren für Kassenvielfalt und für Regionalität.
„Größe darf nicht wichtiger sein als Qualität“, lautet der Appell von Jürgen Hahn. Größe allein spare auch keine Verwaltungskosten, wie von der Politik immer wieder behauptet. „Kleinere Betriebskrankenkassen hatten fast immer deutlich niedrigere Verwaltungskosten als Großkassen.“ Gesundheitsexperten warnen vor der Konzentrationswelle im gesamten Gesundheitssystem: Neben den Krankenkassen gewinnen vor allem Krankenhausketten immer mehr Größe und Macht, Gleiches gilt für den Bereich Pharmazie und Reha. Große Gesundheitsunternehmen könnten in Zukunft womöglich sensible Daten beherrschen und Patientenströme nach eigenen Interessen lenken, so die Befürchtung. Wie viele Krankenkassen ein Land braucht, darüber könne man durchaus streiten, sagt Jürgen Hahn. „Aber die Vielfalt sollte erhalten bleiben. Bei 50 bis 30 Kassen könnte man noch von einem Minimum an Wettbewerb reden.“
"visAvis Economy"