Auf der Steuererklärung tauchten die Beiträge für Kranken-, Pflege-, Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherung auch bisher schon auf. Allerdings waren die absetzbaren Kosten bisher für Selbstständige, die ihre Krankenversicherung alleine finanzieren müssen, auf insgesamt 2400 Euro begrenzt, für Arbeitnehmer und Beihilfeberechtigte auf 1500 Euro. Dies hat der Gesetzgeber nun geändert: Ab 2010 werden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in vollem Umfang steuerlich absetzbar sein. Dies gilt zumindest für die gesetzlich Versicherten. Privat Versicherte können ihre Beiträge bis zur Höhe der gesetzlichen Krankenkassenbeiträge bei der Steuererklärung angeben, ebenso wie die Beiträge für Ehegatten und Kinder.
Über privat Versicherte war in den vergangenen Wochen ohnehin viel in der Presse zu lesen. Demnach gelten sie als „Patienten erster Klasse“: Sie bekämen bevorzugt Termine beim Arzt und eine bessere medizinische Behandlung, meinen die Kritiker der „Zwei-Klassen-Medizin“. Dass die Privatpatienten bei Terminvergaben bevorzugt behandelt werden, hat eine Umfrage im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zwar widerlegt. Aber dass die privaten mehr Kosten übernehmen als die gesetzlichen Kassen, ist und bleibt eine Tatsache. Doch wer kann sich eigentlich privat versichern? 44.100 Euro Einkommen pro Jahr – das ist die aktuelle Beitragsbemessungsgrenze, ab der Angestellte wählen können, ob sie weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bleiben oder in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln wollen. Während es bis vor Kurzem genügte, mehr als die festgelegte Summe zu verdienen, gilt seit Anfang 2009: Erst wer in drei aufeinanderfolgenden Jahren die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet, erhält Zugang zur privaten Krankenversicherung. Für Arbeitnehmer, die nur kurzfristig mehr verdienen, ist ein Wechsel nicht möglich. Selbstständigen, Freiberuflern und Beamten werden hingegen keine Hürden gesetzt: Sie können unabhängig vom Einkommen entscheiden, ob sie in die private Krankenversicherung gehen oder sich freiwillig bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichern. Die Wahl will gut überlegt sein, denn beide Systeme haben Vor- und Nachteile – und wer einmal in die private Krankenversicherung gewechselt ist, kann nur schwer zurück. Ein Vorteil der gesetzlichen Krankenversicherung: Hier sind alle Familienmitglieder mit einem einzigen Beitrag mitversichert – egal wie viele Kinder zur Familie gehören. Der Versicherungsbeitrag ist allein abhängig von der Höhe des Gehalts.
Anders bei der privaten Krankenversicherung: Hier muss jeder vor seiner Mitgliedschaft eine Gesundheitsprüfung über sich ergehen lassen. Hat er bereits verschiedene Krankheiten gehabt, kann der Versicherer Risikoaufschläge verlangen oder sogar bestimmte Leistungen aus dem Leistungsumfang ausschließen. Je älter ein Antragsteller ist, umso teurer wird seine Krankenversicherung, denn naturgemäß kommt es im Laufe des Lebens zu immer mehr gesundheitlichen Problemen. Eine Familienversicherung gibt es bei den Privaten nicht: Für den Ehepartner und für jedes Kind muss ein eigener Vertrag abgeschlossen werden. Auch das Geschlecht spielt eine Rolle: Frauen zahlen in der Regel höhere Beiträge als Männer gleichen Alters. Auch wenn eine private Versicherung in jungen Jahren eine kostengünstige Alternative zu sein scheint, sollte man bedenken, dass die Beiträge im Alter eine stattliche Summe erreichen können. Nicht nur bei den Beiträgen gibt es Unterschiede zwischen privaten und gesetzlichen Krankenkassen. Auch die Leistungen unterscheiden sich. So haben die gesetzlich Versicherten jederzeit Anrecht auf die gesetzlich vorgeschriebene Grundversorgung. Manche Krankenkassen bieten Gesundheitskurse, Bonussysteme und andere Zusatzleistungen. Wer mehr will, kann private Zusatzversicherungen abschließen. Die Gothaer Krankenversicherung etwa „bietet einen Schutz, der ausschließlich für alternative Medizin gilt“, erklärt Sylvia Gimmler, Leiterin Produktmarketing Gesundheit des Versicherers. KarstadtQuelle- Versicherungen wiederum hält ein Angebot bereit, das gesetzlich Krankenversicherten umfangreiche Leistungen in Sachen Zahnerhalt und Zahnersatz offeriert.
Ein Vorteil der privaten Krankenversicherungen: Was einmal vertraglich festgelegt wurde, kann nicht gekürzt werden. In vielen Tarifen sind Einzelzimmer und Chefarztbehandlung inklusive, wahlweise und gegen einen entsprechenden Betrag kann man zum Beispiel auch den Zahnersatz oder die Kostenübernahme einer neuen Brille komplett versichern. Ob gesetzlich oder privat: Seit dem 1. Januar 2009 ist jeder gesetzlich dazu verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen. Dazu hat der Gesetzgeber den sogenannten Basistarif ins Leben gerufen: Jede private Krankenversicherungsgesellschaft muss diesen Tarif anbieten. Er steht allen freiwillig gesetzlich Versicherten offen sowie Personen ohne Versicherungsschutz, die früher privat versichert waren oder der PKV zuzuordnen sind. Der Leistungsumfang des neuen Angebots ist mit der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar. Die Beiträge dürfen den Höchstbetrag der GKV, der derzeit bei knapp 570 Euro liegt, nicht überschreiten. Die bei den Privaten üblichen Gesundheitsprüfungen entfallen. Für die Berechnung der Beitragshöhe sind ausschließlich das Eintrittsalter und das Geschlecht ausschlaggebend.
Da durch den Basistarif unter anderem auch Menschen mit einer längeren Krankengeschichte Zutritt zur PKV haben und diese deshalb hohe Kosten befürchtet, haben verschiedene Versicherer vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geklagt: Kunden im Normaltarif müssten den billigen Basistarif mitfinanzieren, sodass die Beiträge voraussichtlich stark ansteigen und die Privatversicherer damit unattraktiv für ihre Kunden würden. Die Karlsruher Richter entschieden jedoch: Der Basistarif bedroht die Existenz der Versicherer nicht – schon allein deshalb, weil das Interesse an dem Billigtarif äußerst gering sei. Gerade einmal 6000 Versicherte haben das Angebot bislang angenommen – bei insgesamt rund 8,6 Millionen privat Versicherten.
Neben dem Basistarif hat die Gesundheitsreform 2009 eine weitere Neuerung mit sich gebracht: Jetzt können Neuversicherte, die nach dem 1. Januar 2009 eine private Krankenversicherung abschließen, uneingeschränkt zu einem anderen Versicherer in den Basistarif wechseln.
Sabine Olschner, "visAvis Economy"